Unsere Haltung zum Nationalpark Reichswald
Die Debatte um den Reichswald als zweiten Nationalpark in Nordrhein-Westfalen bewegt viele Bürgerinnen und Bürger, Interessengruppen und auch die Politik im Kreis Kleve. Aus Sicht der Freien Demokraten ist es wichtig eine Entscheidung basiert auf Fakten und im Einklang mit der örtlichen Bevölkerung zu treffen. Dies erfordert eine sorgfältige Abwägung der Argumente und eine Betrachtung der Konsequenzen, die die Ausweisung eines Nationalparks im Kreis Kleve hätte. Nach unserer Abwägung der Argumente im aktuellen Prozess werben die Freien Demokraten dafür, dass der Kreis Kleve sich nicht für einen Nationalpark Reichswald bewirbt. Wir bitten Sie daher, beim Bürgerentscheid mit „Nein“ zu stimmen. Im weiteren stellen wir Ihnen unsere Gründe vor.
Warum diskutieren wir über einen Nationalpark?
Die schwarz-grüne Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass in Nordrhein-Westfalen ein zweiter Nationalpark gegründet werden soll. Dabei wurde festgehalten, dass die Ausweisung eines zweiten Nationalparks in Nordrhein-Westfalen auf Zustimmung der entsprechenden Region treffen muss. Nachdem die Landesregierung und der grüne Umweltminister Oliver Krischer mit ihrem Vorhaben bereits in jeder von der Landesregierung ins Spiel gebrachten Region in Nordrhein-Westfalen gescheitert ist, ist der Kreis Kleve die letzte verbleibende potenzielle Bewerberregion.
Die gesamte Debatte um eine mögliche Ausweisung eines Nationalparks hat bislang lediglich die Gemüter vor Ort erhitzt und zu einem Gegeneinander in der Bevölkerung geführt. Statt einen offenen und einenden Prozess über den besten Weg zum Umweltschutz zu führen, wurde das Gegenteil erzielt. Wir wollen nicht, dass sich dieser Konflikt mit der Ausweisung des Nationalparks festsetzt und lehnen daher die Bewerbung um die Ausweisung eines Nationalparks Reichswald ab. Entgegen dem derzeitigen Verfahren halten wir einen Neustart durch ein ergebnisoffenes Dialogverfahren für notwendig, dieser kann durch die Landesregierung herbeigeführt werden.
Was ist eine Nationalparkverordnung?
Eine Nationalparkverordnung wird vom Grünen Umweltministerium erlassen. In dieser Verordnung wird geregelt, was in einem Nationalpark möglich ist und was in Zukunft verboten sein wird. Als Freie Demokraten hätten wir gerne vor der Abstimmung über eine Bewerbung eine Nationalparkverordnung ausgehandelt und vereinbart, um konkret darüber abzustimmen, was im Reichswald in Zukunft möglich ist und was nicht mehr. Die Ausarbeitung hat die Landesregierung allerdings verweigert.
Der entscheidende Punkt ist nun, dass der Kreis Kleve kein Mitspracherecht bei der Ausgestaltung der Nationalparkverordnung hat. Sobald der Kreis Kleve sich für eine Bewerbung um einen Nationalpark Reichswald entscheidet, kann er keinen Einfluss mehr auf die Ausgestaltung der Regelungen im Nationalpark nehmen, denn die Nationalparkverordnung wird vom Landesministerium erarbeitet. Sprich: Das Umweltministerium des grünen Umweltministers Oliver Krischer entscheidet in Düsseldorf, was in Zukunft hier vor Ort im Reichswald möglich ist und was nicht. Wir lehnen eine solche Bevormundung ab und werben deshalb dafür, mit nein zu stimmen.
Trinkwasserversorgung im Nationalpark
Regelungen zur Trinkwasserversorgung im Nationalpark müssen ebenso in einer Nationalparkverordnung getroffen werden, die wir aktuell allerdings gar nicht kennen, da diese noch nicht ausgearbeitet ist. Bevor eine Entscheidung über die Ausweisung des Nationalparks getroffen wird, muss geklärt sein, wie die Trinkwasserversorgung durch die Brunnen im Gebiet des Reichswaldes dauerhaft sichergestellt werden kann. Die Stadtwerke Kleve und Goch weisen zurecht darauf hin, dass es einer klaren Rechtssicherheit vor der Ausweisung des Nationalparks braucht.
Versprechen seitens der Landesregierung auf eine mögliche Regelung in der Satzung des Nationalparks reichen nicht aus, um so eine weitreichende Entscheidung zu treffen. Deshalb wollen wir klare Rechtssicherheit zur Sicherstellung der Wasserversorgung bevor eine Entscheidung zur Ausweisung eines Nationalparks getroffen werden kann. Da die Rechtssicherheit den Stadtwerken im aktuellen Verfahren nicht gegeben wurde und wir nicht wissen, was die Ausweisung des Nationalparks für Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung hat, lehnen wir die Ausweisung vor diesem Hintergrund ab. Entsprechende Informationen der Stadtwerke Kleve und Goch finden Sie hier.
Wird es einen Einzug privater Flächen geben?
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die Ausweisung des Reichswaldes als Nationalpark zunächst keine Auswirkungen auf private Flächen hätte, da sich der gesamte Reichswald im Besitz des Landes befindet. Dennoch ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht auszuschließen, dass im späteren Prozess erwogen werden könnte, weitere Flächen hinzuziehen, da die Fläche des Reichswaldes nicht der Fläche entspricht, die bei der Ausweisung eines Nationalparks angestrebt wird. Ein Einschluss privater Flächen gegen den Willen der örtlichen Bevölkerung lehnen wir ab. Dementsprechend braucht es Garantien seitens des Landes, dass auch in Zukunft keine privaten Flächen zu den landeseigenen Flächen hinzugezogen werden.
Der Schutzstatus als Nationalpark
Bereits heute gelten für den Reichswald verschiedene und vielfältige Schutzstandards. Diese haben dafür gesorgt, dass der Wald artgerecht gepflegt wird und Mensch und Natur im Einklang leben. Dies fand bislang immer die Zustimmung aller Beteiligten. Einen pauschalen Schutzstatus „Nationalpark“ für den gesamten Wald halten wir daher auch inhaltlich für unangemessen.
Das Bundesnaturschutzgesetz spricht bei der Ausweisung von einem Nationalpark davon, dass zunächst ein „Entwicklung-Nationalpark“ ausgewiesen werden muss, wenn die Fläche wie im Reichswald stark vom Menschen geprägtes Gebiet ist. Ziel ist es dann, diese menschlichen Prägungen rückzubauen, bis der Reichswald als reiner Nationalpark gelten kann. Welche sogenannten menschlichen Prägungen, also Straßen, Radstrecken, Gehwege zurückgebaut werden sollen, kann zum aktuellen Zeitpunkt nicht gesagt werden. Entschieden wird dies erst, nachdem die Abstimmung stattgefunden hat.
Wer hat ein Mitspracherecht bei der Nationalparkverordnung?
Kurze Antwort: Niemand. Das grüne Umweltministerium unter Oliver Krischer allein entscheidet letztendlich in Düsseldorf, was bei uns vor Ort gilt. Zur Berücksichtigung der lokalen Interessen soll zwar ein Nationalparkkommunalausschuss gegründet werden, der für Mitspracherecht der Kommunen sorgen und auch mit einem Veto-Recht ausgestattet sein soll. Im Nationalpark Eifel wurde für die Mitsprache der Kommunen vor Ort genauso ein Nationalparkkommunalausschuss gegründet, der tatsächlich ein sogenanntes „Veto-Recht“ hat. Aber, wenn im Nationalpark Eifel der Kommunalausschuss sein Veto einlegt, dann entscheidet im Konfliktfall zwischen Nationalparkverwaltung und Kommunalausschuss das zuständige Landesministerium, also stellt dies kein echtes Veto dar!
Wir fordern, dass einerseits im Falle eines Konflikts zwischen Nationalparkverwaltung und Nationalparkkommunalausschuss der Kreistag entscheidet und andererseits, dass die Verabschiedung der Nationalparksatzung die Zustimmung des Kreistags benötigt. Dieser Forderung ist allerdings im Prozess nicht nachgekommen, sodass wir auch hier einen Grund zur Ablehnung sehen.
Stärkung des Tourismus durch den Nationalpark?
Durch die Ausweisung eines Nationalparks werden viele positive Auswirkungen auf den Tourismus in der Region erwartet. Auch wenn wir Freie Demokraten ebenfalls gerne einen positiven Effekt in dieser Hinsicht erwarten würden, ist derzeit unklar in welchem Umfang der Zuwachs im Tourismusbereich wäre und wie die sich daraus entstehenden Potenziale erschlossen werden. Entsprechende Effekte stellen sich nicht automatisch ein, sondern sind stets auch mit notwendigen Investitionen verbunden. Mit wie viel zusätzlichem Geld aus dem Kreishaushalt diese Investitionen verbunden wären, wissen wir nicht. Auch die für den Tourismus zuständige Kreis Klever Wirtschaftsförderung hat dazu bislang keine Auskunft gegeben. Somit herrscht auch in dieser Frage Ungewissheit im aktuellen Prozess.
Nach Abwägung dieser Argumente im aktuellen Prozess werben die Freien Demokraten dafür, dass der Kreis Kleve sich nicht für einen Nationalpark Reichswald bewirbt. Wir bitten Sie also beim Bürgerentscheid mit nein zu stimmen.